Herbstwanderung 2012

des Heimatvereins Dittmannsdorf e.V.

Es ist zwar schon einige Zeit vergangen, aber heute nun berichten wir von der diesjährigen Herbstwanderung, die am Sonntag, dem 7. Oktober 2012 unter dem Motto 
„Bunt sind schon die Wälder“ durchgeführt wurde. 

Es war ein Sonntagsspaziergang in die Goldene Jahreszeit!

Wenn die Wälder in goldenen Farben schimmern, wenn es nach Ernte, Laub und Acker riecht, Nebelschleier in den Senken und Spinnennetze in den Gräsern hängen, dann hält der Herbst Einzug und die Natur draußen hat etwas urig-mystisches an sich. Es ist die Zeit in der es sich lohnt, noch einmal die Wanderschuhe zu schnüren, um dieses ganz besondere Fleur in vollen Zügen zu genießen. Gerade unsere herrliche Landschaft rund um Klein Tirol überrascht selbst den Alteingesessenen immer wieder mit neuen Ein- und Ausblicken.
Diesem Ansinnen und auch schon der Tradition folgend, lud der Heimatverein zu seiner Herbstwanderung ein. Im Wechsel mit der alle zwei Jahre stattfindenden Mitgliederversammlung gehört sie nun schon seit vielen, vielen Jahren zum Veranstaltungsrepertoire des Vereins. Der Oktober machte an jenem Sonntag als „goldener Monat“ alle Ehre. Bestes Wanderwetter sogar mit Sonne und einem leichten Lüftchen machte Lust noch einmal hinaus in die Natur zu gehen.
Leider folgte in diesem Jahr diesem Ruf nur ein kleines Grüppchen von Wanderfreunden. Umso mehr freute man sich aber, dass auch Gäste aus Gornau und Witzschdorf wieder mit von der Partie waren.

Am frühen Nachmittag startete man an der Kirche in Richtung Kleinolbersdorf - Altenhain, denn diese Gegend wurde diesmal als Ziel ausgewählt.
Entlang der Altenhainer Straße, vorbei an den Stallanlagen und den Kleingärten erreichte man schnell die Kuppe, welche mit einem herrlichen Ausblick auf das Mitteldorf und die Augustusburg bot und zur ersten kleinen Rast einlud.

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▪ Erklärungstafel- Rehbockheim

Bald führte die Straße in eine Niederung mit einem Waldstück, welches den Dittmannsdorfern hinlänglich bekannt sein dürfte. Eine Erklärungstafel erläutert dazu das Wichtigste. Die umliegenden Fluren gehörten ehemals zum Eigenturm des Dittmannsdorfer Lehngerichtes. Dieses Waldstück wird im Volksmund als Rehbockheim bezeichnet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es vom damaligen Lehnrichter angepflanzt, um das Wild in diesem Abschnitt seines Besitzes heimisch werden zu lassen. Größere Waldungen des Lehngerichts befanden sich zu damaliger Zeit am oberen Ortseingang in Richtung Gornau. Die äußere Begrenzung bilden Nadelbäume, im Inneren überwogen Laubbäume, begünstigt durch den durchfließenden Wasserlauf. Zu bemerken sei, dass dieses Waldstück ein echtes Biotop für Tier- und Pflanzenwelt ist, einige seltene Arten sind zu verzeichnen. 

Auf der gegenüberliegenden Seite zeugen sumpfige Flächen noch vom sogenannten „Richters Teich“. Auch dieser Teich gehörte zum Lehngericht. Die Bezeichnung rührte also nicht vom Namen des Besitzers sondern von „Lehnrichter“ her.

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▪ Plattenstraße auf dem Weg nach Kleinolbersdorf

Im angenehmen Tempo lässt es sich gut auf der stetig etwas ansteigenden Straße laufen und ohne große Mühe erreichte unser Grüppchen bald den nächsten zentralen Punkt, eine Kreuzung mit einer Schutzhütte. 
Der bisherige Streckenverlauf ist Teil eines alten böhmischen Steiges ( antiqua semita boemorum , „Salzstraße“ ), der in einer Urkunde des Klosters Zschillen ( Wechselburg ) bereits 1174 erwähnt wurde. Er führte von Halle über Rochlitz, Chemnitz – Kleinolbersdorf -Altenhain, Dittmannsdorf, Zschopau nach Böhmen. Diese Stelle bezeichnet man als „Ruhebank“, weil von den Fuhrleuten hier oft eine Rast eingelegt wurde.

Vom böhmischen Steig aus erfolgten die ersten Dorfgründungen ( Dittmannsdorf ) in dieser Gegend. Heute ist diese Stelle besonders am Wochenende ein beliebter Ausgangspunkt für Wander- und Naturfreunde, einige Wanderwege kreuzen sich hier und eine Schutzhütte lädt zum Verweilen ein.

Wir folgten dem weiteren Verlauf des „Böhmischen Steiges“ und gelangten talwärts auf der sogenannten Alten Dittmannsorfer Straße bis an die untere Ortsgrenze von Altenhain. Die Tallage gehört zu den oberen Ausläufern des Sternmühlentales. Die Talstraße wurde überquert und nun ging es etwas bergan auf der Plattenstraße weiter Richtung Kleinolbersdorf. Kurz vor Kleinolbersdorf wird der Streckenverlauf wieder ebener und es erstrecken sich linkerhand einige Obst- und Gemüsefelder. Doch auch von hier aus bieten sich schöne Fernsichten, so übers Sternmühlental hinweg auf die Augustusburg, aber ebenso zurück auf das Spitzberggebiet.

Am Ortseingang von Kleinolbersdorf kommt man an einem Kleinod nicht vorbei – das „Cafe Roscher“. Der auf die schönste Art restaurierte Vierseitenhof war Ziel der nun herbeigesehnten Kaffeepause.

Durch den Käufer Carl-August Roscher ( 1837-1899 ) ging der Hof 1875 in Familienbesitz über und wurde sowohl von seinem Sohn Robert, als auch von seinem Enkel Ernst Roscher bis 1962 landwirtschaftlich genutzt. Im Zuge der LPG-Gründung wurden Ställe, Scheune und Acker genossenschaftlich bewirtschaftetet, Eigentümerin blieb jedoch Elsa Roscher ( 1900-1991 ) Auf Initiative ihres Enkels Gerhard Uhlmann liefen seit 2000 umfangreiche Restaurierungsarbeiten im denkmalgeschützten „Roschergut“. Der Umbau der Remise zur Gaststätte folgte im Sommer 2008, die Eröffnung des Cafe-Bistro „Roscher“ durch Carl-August Rorschers Urururenkelin Anke Schindler.
Das Anwesen ist ein Prachtstück der ländlichen Architektur und bestes Zeugnis, wie es mit Initiative, Wertschätzung, Ideen und Traditinsverbundenheit gelang, es für die Nachwelt zu erhalten und gleichzeitig für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen und obendrein noch mit kulinarischen Köstlichkeiten lockt.
Die Frequentierung an Gästen, das stetige Kommen und Gehen im Cafe ist damit nun der beste und schönste Beweis, dass dieses Konzept aufging. Zum Glück hatten wir vorbestellt und konnten es uns nun im urgig gestaltenem Gastraum unter dem Dach bei herzhaften Kaffee und Kuchen gemühtlich machen.

Gerne wären wir noch etwas sitzen geblieben, doch die fortgeschrittene Zeit und das nun herbstlich umgeschlagene Wetter mahnten uns zum Aufbruch. Zunächst wieder auf der Plattenfläche zurück verabschiedeten wir uns vom Cafe Roscher und Kleinolbersdorf.

Die erste Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahre 1322, als Olbersdorf von den Herren von Schellenberg an das Kloster Chemnitz übertragen wurde. Nach Aufhebung der Klöster zur Zeit der Reformation gelangte der Ort unter die Aufsicht des landesherrlichen Amtes. Aus dem Jahre 1541 ist die Schreibweise Albersdorf überliefert. Durch den Zusatz "Klein-" wurde es von anderen Orten gleichen Namens unterschieden. Zwischen den beiden Weltkriegen entstand im oberen Ortsteil die sogenannte „Gartenstadt“ als vorstädtische Wohnsiedlung im „Grünen“, fast die Hälfte der Einwohner lebt heute dort.
1974 wurde das Dorf mit Altenhain zu einer Gemeinde zusammengeschlossen und 1997 nach Chemnitz eingemeindet.

Als wir die Talsohle erreichten bogen wir diesmal nach links ab. Hier ist es unmöglich an einem imposanten Gebäude vorbeizuschauen, welches noch dazu eine bedeutende Geschichte aufweisen kann. Das siebenstöckige Gebäude am Talhang, am Beginn des Sternmühlentals, ist eines der ältesten Fabrikgebäude Sachsens und heute Industriedenkmal.

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Ursprünglich entstand es an dieser Stelle um 1820 als Spinnmühle, welche durch den bekannten Baumeister Uhlig ( u.a. 20 Kirchen im Erzgebirge überdachte Holzbrücke Hennersdorf ) aus Altenhain errichtet wurde. Der Betrieb erfolgte über ein Wasserrad im Keller. 1880 kam es zum Umbau zur Möbelfabrik, durch Eduard Lohr, später übernahm diese sein Schwiegersohn Ernst Merke. 1973 kam es zur Enteignung. 
Hergestellt wurden Tische, Sessel und Sofas, ebenso auch die Bänke der Kleinolbersdorfer Schule. 1930 ließ Merkel elektrisches Licht in seine Fabrik legen, im Zuge dessen erhielt der untere Ortsteil Anschluss ans Stromnetz. Nach 1973 wurde als VEB für den Export ins nichtsozialistische Ausland produziert. 1990 wurde die Produktion eingestellt. 
Die Treuhand übernahm den Komplex. 1994 erhielt Familie Merkel ihren Besitz zurück und verkaufte ihn an ein Chemnitzer Unternehmen. Umbauvorhaben zu Wohnzwecken scheiterten, seit 2002 steht das Gebäude leer. Ideen für eine zukünftige Nutzung gab es zuhauf: Hotel, Seniorenwohnheim, gar die Bavaria-Filmstudios und das Rotlichtmilieu meldeten Interesse an – doch alles bisher ohne Erfolg.

Heute bietet das eigentlich sehr schöne, teilweise sanierte Gebäude leider einen traurigen Anblick und es bleibt zu wünschen, dass sich bald eine Nutzung findet, um dieses doch wertvolle Gebäude für die Nachwelt zu erhalten.

Hübsche Anwesen (im Amselgrund)und ein großer Teich, welcher als besonders schützenswertes Biotop ausgewiesen ist, begleiteten unseren Weg nach Altenhain hinein.

1331 schrieb man den Ortsnamen Aldenhayne. 1548 zählte es zu den Amtsdörfern des Amtes Chemnitz. Der Ort war seit 1539 stets nach Kleinolbersdorf gepfarrt, verfügt jedoch über eine Kapelle der Methodistengemeinde. Wirtschaftlich dominierte die Landwirtschaft.

Auf der leicht ansteigenden Dorfstraße durchquerte unser munter plauderndes Wandergrüppchen den unteren Ortsteil bis zum Gebäude des ehemaligen Gemeindeamtes.

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 Das viereckige Haus mit einem Glockenturm auf einer kleinen Anhöhe neben der Straße fällt in den Blick. Es wurde einst von einem Sohn des berühmten Altenhainer Baumeisters Uhlig als Schulgebäude errichtet. Später war es Gemeindeamt und dient heute als Sitz des Ortschaftsrates, Bürgerbüro und Versammlungsstätte. 

Wir passierten das Gebäude und befanden uns nun im Bereich des Reiterhofes Altenhain. Nun ging es wieder hinaus in die Natur. Eine kleine Attraktion am Wegesrand ist hier das Indianercamp, welches unter Anderem durch den Reiterhof, seit vielen Jahren in den Sommermonaten aufgebaut wird. Doch hier hatte schon der Herbst Einzug gehalten, die großen Indianerzelte waren abgebaut, nur der Marterpfahl und ein Boot zeugten noch einsam vom Treiben wie im wilden Westen.
Auf der weiteren Wegestrecke ging es vorbei an einigen Weihern, die sich idyllisch zwischen alten Bäumen, Büschen und Wiesen schmiegten und im herbstlich etwas Mystisches ausstrahlten.

Im fast letzten Teil unseres Herbstausfluges war noch einmal Kondition gefragt, der Aufstieg zum Spitzberg begann. Hecken, abgeerntete Felder, ausgewaschene Feldwege und Gespräche über dies und das begleiteten den Aufstieg.
Auf dieser, nördlich von Dittmannsdorf, abgewandten Bergseite hatte man einen schönen Blick auf die Ebene zwischen Kleinolbersdorf - Altenhain und das bewaldete Gebiet um den Adelsbergturm, aber auch hinüber in Richtung Siedlung Ruhebank mit der großen Brücke und der Straßentrasse nach Chemnitz.

Oben auf der Berghöhe war erst einmal eine kurze Rast angesagt.
Der Spitzberg ist mit seinen 504 Metern die erste bedeutende Erhöhung der Erzgebirgsnordrandstufe. Nach Durchquerung der dicht bewaldeten Kuppe bot sich nun auf der anderen Bergseite wieder ein weiter Blick, bei schönem Wetter, hin aufs obere Erzgebirge. An jenem Tag reichte der Blick jedoch noch bis zu den Anhöhen bei Börnichen mit dem Windrad, hinüber zum Holzboden und im Dunst war wieder die Augustusburg auszumachen.
Auf der Plattenstraße, vor unserern Augen unser Klein Tirol im Tal liegend, ging es nun heimwärts. Das letzte Wegestück über Kirschs Feldweg setzte den Schlusspunkt unseres Ausfluges in die herbstliche Natur rund um unser Klein Tirol.
Etwas erschöpft, aber mit vielen schönen Erinnerungen und dem guten Gefühl, viel gesunde Herbstluft getankt zu haben, zerstreute sich nun unsere kleine Gruppe bis es sicher im Frühjahr, in einem hoffentlich größeren Kreis, erneut auf Schusters Rappen geht.

Nicht versäumen möchte es der Heimatverein, alle Interessierten aus Nah und Fern zu seinen Ausflügen und Wanderungen einzuladen, jeder ist herzlich willkommen. Die Ankündigungen finden Sie im Vorfeld hier unter „Termine“ und „Aktuelles“. 

Bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei unseren Wanderfreunden, die uns zur Herbstwanderung die Treue hielten und mit denen wir eine gute Zeit beim Wandern, aber auch beim Erzählen am Wegesrand verbringen konnten. Weiterhin wollen wir allen danken, welche im Hintergrund an den Vorbereitungen beteiligt waren, sowie für die Gastfreundschaft im Café Roscher.


Ein ausführlicher Bericht über die Wanderung erschien im Dittmannsdorfer Heimatblatt – Ausgabe November 2012. (Auf Wunsch ist eine Zusendung der Zeitung möglich. Bitte setzen sie sich bei Interesse mit uns in Verbindung.)

Enrico Münzner
Heimatverein Dittmannsdorf e.V.
Fotos und Text: E. Münzner

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